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Arnaldo Bichot, Maestro Ligador

Arnaldo Bichot, in welchem Alter wird man in Kuba pensioniert?

Ich wurde schon pensioniert, und zwar als ich 69 Jahre alt war. Ich habe es aber nicht lange ausgehalten zu Hause, und so bin ich zurückgekehrt in die Fabrik. Jetzt denke ich aber tatsächlich daran, langsam kürzer zu treten.

Wie lange arbeiten Sie schon in der Tabakbranche?

Mein ganzes Leben. Angefangen habe ich mit etwa 14 oder 15 Jahren auf dem Land in einer Escogida, wo die Tabake sortiert werden. Das war im Jahr 1948. Danach habe in die Fabrik gewechselt, habe viele Stationen kennengelernt, die der Tabak durchläuft, die Fermentation und Trocknung.

In Kuba gibt es für jede Marke einen Maestro Ligador. Er ist für alle Mischungen dieser Marke verantwortlich.

Im Jahr 1958 trat ich schließlich eine Anstellung bei Por Larrañaga in der Export-Abteilung an, wo Tabake für den Weiterverkauf vorbereitet wurden.

Nach dem Triumph der Revolution wurde unsere Fabrik mit der La Corona-Manufaktur zusammengelegt; es handelte sich damals um eine der ersten Zusammenführungen; vor der Revolution gab es auf dem Land hunderte Chinchales, kleine Manufakturen mit vielleicht sieben oder acht Mitarbeitern. In Havanna produzierten fünf große Hersteller für den Export: H. Upmann, Romeo y Julieta, Partagás, La Corona und Por Larrañaga. Nach der Revolution wurde die Produktion reorganisiert und zusammengeführt.

Stimmt das Gerücht, dass nach der Revolution die Produktion der Marken zeitweilig durch eine Einheitsmarke Namens Siboney abgelöst wurden?

Nein, die Marken wurden weitergeführt. Auch nach der Revolution richtete sich die Produktion immer nach den Wünschen unserer Kunden im Ausland.

Wie erlernten Sie das Handwerk des Blendings?

Por Larrañaga galt damals als „Universität des Tabaks“ und genoss einen vorzüglichen Ruf. Verließ ein Mitarbeiter aus welchem Grund auch immer die Fabrik, so standen ihm alle Türen offen. Wenn jemand von Por Larrañaga kam, wurden nicht viele Fragen gestellt.

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Photo: Manuel Fröhlich

Por Larrañaga war damals führend in der Qualität und die Produktion bestens organisiert, es war in jeder Hinsicht eine schöne Fabrik. Für mich war es ein Glück, hier zu lernen. Ich arbeitete viele Jahre an der Seite meines Lehrmeisters, der mich auf zwei Gebieten unterrichtete: Ich lernte von ihm alles über den Tabak, und er vermittelte mir auch viel Wissen über die Industrie – so nennen wir die Produktionsseite der Zigarrenfertigung.

Einmal kam ein Kunde zu uns in die Export-Abteilung, der Rohtabake für seine Produktion im Ausland kaufen wollte. Wir gingen umher, zeigten ihm diesen und jenen Tabak, und schließlich wählte der Kunde seine Ballen aus. Als der Kunde sich verabschiedet hatte, wurde ich zum Direktor der Fabrik zitiert: „Warum hast du vor dem Kunden dein Gesicht verzogen?“ Ich erklärte ihm, dass der Tabak des Kunden noch nicht fertig fermentiert gewesen sei und man diesen Tabak in diesem Zustand nicht hätte verkaufen dürfen.

Vom Direktor wurde ich dann belehrt, dass der Kunde sein Handwerk durchaus verstehe und er die Zeit für den Transport mit einberechnet hatte. So lernte ich immer dazu. Schließlich wurde ich Maestro Ligador bei La Corona.

Was sind die Aufgaben eines Maestro Ligador?

In Kuba gibt es für jede Marke einen Maestro Ligador. Er ist für alle Mischungen dieser Marke verantwortlich. Die Produktion der Marken ist heute auf verschiedene Fabriken aufgeteilt. Es kann zum Beispiel sein, dass die Cohiba-Manufaktur die Produktion gewisser Formate aus Kapazitätsgründen in eine andere Fabrik abgibt. Trotzdem bleibt immer der Maestro Ligador des Mutterhauses, in diesem Fall El Laguito, für die Mischungen verantwortlich; er stellt sie zusammen und liefert sie dann in die entsprechenden Fabriken.

Wie gehen Sie vor, wenn Sie die Tabake für ein bestimmtes Format auswählen?

Zuerst wird die Qualität der Tabake geprüft: Nimmt man den Tabak zwischen die Finger und er glänzt, so ist er noch nicht bereit und die Fermentation nicht abgeschlossen.

Das Rezept kann den Geschmack einer Zigarre nicht abschließend beschreiben.

Einen guten, rauchbereiten Tabak erkennt man an seinem süßen und reichen Duft. Nimmt man ihn in den Mund, hat der Tabak einen feinen Geschmack von Bienenhonig. Aber die Wahrheit ist: In Kuba sind alle Tabake gut.

Tabake aus der Vuelta Abajo, die wegen ihrer Qualität nicht akzeptiert werden können, gibt es praktisch nicht. Die Tabake für eine bestimmte Zigarre werden entsprechend der gewünschten Stärke und des Aromas gemäß dem jeweiligen Rezept ausgewählt.

Was steht in einem solchen Rezept?

Nun, das ist natürlich ein Geheimnis. Allgemein gesprochen sind im Rezept die Stärke und Aromatik jeder Zigarre festgehalten, also die Zusammensetzung der Blattarten Seco, Volado und Ligero.

Gibt es auch Auskunft darüber, aus welcher Region oder welcher Farm die Tabake für ein bestimmtes Format kommen müssen?

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Photo: Manuel Fröhlich

Der Maestro Ligador muss die Anbaugebiete und Vegas gut kennen. Aus jedem Anbaugebiet haben wir einige Vegas, Farmen, die auf das geforderte Geschmacksprofil zutreffen. Im Almacén, im Tabaklager, wähle ich aber jenes Blatt, das mir am besten gefällt. Es kann sein, dass Tabake von ein und derselben Vega unterschiedliche Eigenschaften haben.

Deshalb braucht es den Ligador, der im Lager die Qualität prüft und für das entsprechende Format das beste Blatt auswählt. Das lässt sich nicht schriftlich festhalten. Ein weiteres Kriterium ist die Reifelagerung. In machen Mischungen verwenden wir Tabake, die mehrere Jahre gereift sind.

Was unterscheidet Partagás von anderen Marken?

Zuerst natürlich die spezifische Zusammensetzung der Mischung, ihre Stärke und ihr Aroma. Außerdem achte ich auf gewisse Dinge: Ich wähle zum Beispiel bevorzugt Umblätter aus San Luis, die etwas kräftiger sind als jene aus San Juan. Jeder Maestro Ligador muss seine Marke und deren Charakteristik genau kennen. Würde ich zum Beispiel zu Romeo y Julieta wechseln, müsste ich süßere, delikatere Tabake auswählen.

Was ist die Besonderheit des Tabaks, den Sie für die Partagás Lusitanias Gran Reserva Cosecha 2007 ausgewählt haben?

Für mich ist dieser Tabak una maravilla, ein Wunderwerk. Er stammt von den besten Vegas aus San Juan und San Luis. Es sind Blätter, die fünf oder sechs Jahre gereift sind. Jedes Tabaklager verfügt über eine Galera de añejamiento, eine Abteilung für die Reifelagerung. Hier reifen die Tabake langsam und natürlich. Während des Reifeprozesses entwickeln sie ihre feinen Aromen.

Den größten Effekt hat die Reifelagerung auf den Ligero-Tabak, weil er am kräftigsten ist. Eine Besonderheit des Aging-Tabaks: Er konserviert seine Eigenschaften. Sie dürfen erwarten, dass die Partagás Lusitanias Gran Reserva in einem Jahr dasselbe Aroma und denselben süßen und wundervollen Geschmack entwickeln wird wie heute.

 

Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Winter-Ausgabe 2013 veröffentlicht. Mehr

Manuel Fröhlich aus der Schweiz gründete mit 18 Jahren einen Online-Handelsgeschäft für Zigarren. Während seines Studiums an der Universität St. Gallen baute er das Geschäft aus und eröffnete schliesslich 2014 in Zürich das Manuel’s, ein karibisches Genussmittelgeschäft für Zigarren, Kaffee und Rum. Für Cigar Journal berichtet Manuel Fröhlich aus Kuba und anderen Anbauländern, wo er regelmässig unterwegs ist, und recherchiert Hintergrund-Themen rund um den Zigarrengenuss.


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