Ercan Hazar staunte nicht schlecht, als man ihm im vergangenen Sommer eine halbvolle Kiste kubanischer Zigarren anbot, von denen er nie zuvor gehört hatte: Don Quijote de la Mancha, gefertigt in der Fabrik Juan Cueto y Hermano in Havanna, genauer gesagt in einer Straße namens Estrella No. 19 – Produktionsdatum laut Stempel: Dezember 1913. Die Zigarren waren also genau 100 Jahre alt.
Neben dem kaiserlichen Doppeladler der Habsburgermonarchie findet sich der Aufdruck: „Importirte Havana-Cigarren; Special-Verschleiss; K.K. Tabak-Regie“. Und sogar der Preis ist angegeben: „100 Stück – 139 Kronen“. Die Goldwährung Österreich-Ungarns hatte die Kaufkraft von heutzutage 5,10 Euro je Krone. Die 25er-Kiste wurde also um umgerechnet 178 Euro feilgeboten – ein Schnäppchen.
Im Dezember 2013 verkosteten wir einige der großen Perfectos und dachten über die lange Zeit nach, die diese Puros überstanden hatten. Es fiel uns ein, dass Kaiser Franz Joseph der erste Monarch war, der öffentlich rauchte – in seiner Jugend Virginier und später die Marke Regalia Media. Laut geschichtlichen Aufzeichnungen wurden im Jahr 1913 in der Monarchie unglaubliche 1358 Millionen Zigarren hergestellt.
Darüber hinaus wurden hochwertige Zigarren und Tabakprodukte auch importiert. Sie waren in wenigen Spezialgeschäften in größeren Städten erhältlich. Das Tasting war überaus erfreulich, denn die Zigarren schmeckten vorzüglich. Sie waren noch sehr aromatisch mit feinen Erd- und Holzaromen, unterlegt von einer zarten Süße. Wir waren verblüfft, wie viel Aroma sie noch entwickelten. In Wien hat sich Ercan Hazar einen hervorragenden Ruf als Experte und Tabakfachhändler erarbeitet. Im Vorjahr war er als Hombre del Habano nominiert, also für die höchste Auszeichnung Kubas in der Tabakbranche. In Havanna ist der Österreicher mit türkischen Wurzeln wohlbekannt und vernetzt. Deshalb war es ihm ein Anliegen, die letzten noch verbliebenen Exemplare der Don Quijote de la Mancha an ihren Entstehungsort zurückzubringen.
Im Rahmen des diesjährigen Habanos-Festivals suchten wir die Adresse auf, an der die Zigarren einst gerollt wurden. Die Fabrik steht leider nicht mehr; das Haus ist vor etwa 30 Jahren eingestürzt, erzählten uns Einheimische. Auch die Straße wurde umbenannt. Zumindest haben wir den Ort gefunden und für eine Minute innegehalten, um uns still bei den Menschen zu bedanken, die sie damals sorgfältig gerollt hatten.
Ercan Hazar hat die Kiste mit den seltenen Zigarren dem Museo del Tabaco in Havanna gespendet, wo sie hoffentlich auch noch in hundert Jahren zu sehen sein werden.
Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Frühjahres-Ausgabe 2014 veröffentlicht. Mehr